Das Kesselhaus: vom Kraftwerk zum Infocenter
Am Brooksfleet vor dem Kesselhaus war die Speicherstadt nicht nur Kulisse für Selfies und besinnliche Panoramastimmungen, sondern für ein halbes Jahrhundert ganz offiziell Bühne. Von 1994 bis 2018 ließ Michael Batz auf dem Parkplatz vor dem ehemaligen Kraftwerk seinen Hamburger Jedermann im gleichnamigen Theaterstück mit dem Teufel ringen, Batz’ Adaption von Hoffmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“. Inzwischen liegt die Bühne am Fleet aber nicht mehr in einem exotischen, menschenleeren Niemandsland hinter dem Zollzaun, sondern inmitten eines touristisch erschlossenen Stadtviertels, an der Schwelle zur HafenCity. Der Lärm von Autos, Passanten und Anwohnern erreichte ein für Theater inkompatibles Niveau und bereitete dieser Hamburger Institution ein unverdientes, trauriges Ende.
Wer oft und regelmäßig genug kommt, kann die Metamorphose der Speicherstadt auch im Inneren des Kesselhauses beobachten, in dem heute das Informationszentrum der HafenCity untergebracht ist. Dort steht ein hölzernes Modell der gesamten Hamburger Innenstadt und des Elbufers im Maßstab 1:500. Manchmal hinkt es etwas hinterher und zeigt noch, was längst verworfen wurde – etwa den ersten Entwurf des niederländischen Stararchitekten Rem Koolhaas für ein Science Center am Elbufer, der dort in seiner ganzen Waghalsigkeit noch ausgestellt wurde, als das Vorhaben längst niemand mehr ernst nahm. Manchmal ist es seiner Zeit aber auch voraus, wie der monströse Büroturm an den Elbbrücken zeigt, der aussieht, als habe sich der Modellbauer im Maßstab vertan; oder im Fall der Elbphilharmonie, die hier schon stand, als Untersuchungsausschüsse noch prüften, wer die Schuld an den Bauverzögerungen zu tragen habe.